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IACM-Informationen vom 16. Oktober 1999

Wissenschaft: Schmerzen triggern die Freisetzung von Endocannabinoiden

Schmerzen lösen die Freisetzung von Endocannabinoiden aus. Das erklärten Forscher am 11. Oktober. Ihre Untersuchungsergebnisse helfen bei der Erklärung, warum Marihuana schmerzlindernd wirken kann und ergänzen eine ganze Reihe von Studien, die zeigen, dass Endocannabinoide wichtige Funktionen im Gehirn ausüben.

Michael Walker, Psychologieprofessor an der Brown Universität in Providence, Rhode Island, und seine Kollegen untersuchten Schmerz und Anandamide, ein Endocannabinoid, an Ratten. Sie fanden heraus, dass das Gehirn Anandamid produzierte, wenn sie ein bestimmtes Areal, das periaquäduktale Grau, stimulierten. Dieses Gebiet spielt eine Rolle bei der Modulation von Schmerzen. Das Endocannabinoid wurde zudem als Reaktion auf eine schmerzhafte Injektion der Chemikalie Formalin freigesetzt.

Sie berichteten in den "Proceedings of the National Academy of Sciences", dass die Sekretion von Anandamid den Schmerz linderte. Die Forscher anästhesierten ihre Ratten, konnten jedoch die Schmerzsignale und den Verlauf der Anandamide im Gehirn mit Hilfe einer neuen Art der Massenspektrometrie verfolgen, die die Entdeckung geringster Mengen einer Substanz erlaubt.

Walker erklärte, dieses Wissen könne genutzt werden, um neue Schmerzmittel zu entwickeln. Möglicherweise könne ein Medikament, das mehr Anandamid verfügbar mache, nützlich sein. "Es gibt einige Schmerzarten, die nicht gut auf konventionelle Behandlungen ansprechen," erklärte er in einer Stellungnahme. "Die Tatsache, dass verschiedene Moudulator-Systeme existieren, die bei unterschiedlichen Schmerzarten wirksam sind, könnte Hoffnung geben."

Anandamide sind Nervenüberträgerstoffe und binden an dieselben Rezeptoren wie Cannabinoide der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.). Cannabis wird seit Jahrhunderten zur Schmerzlinderung verwendet.

(Quelle: Reuters vom 11. Oktober 1999)

Kanada: 14 Patienten erhalten legalen Zugang zu Marihuana

Kanada gewährt 14 Personen mit ernsthaften Erkrankungen eine Ausnahme zur Verwendung von Marihuana für medizinische Zwecke. Das erklärte Gesundheitsminister Allan Rock am 5. Oktober. Das Gesundheitsministerium sichtete 100 Anträge und wählte 14 aus. Keiner der Anträge wurde bisher vollständig abgelehnt und nach Angaben von Offiziellen es könne weitere Ausnahmen geben.

Die Bundesregierung erteilte die ersten beiden Ausnahmegenehmigungen für den Anbau und die Verwendung von Marihuana für medizinische Zwecke im Juni. Personen, die eine solche Genehmigung beantragen wollen, benötigen eine ärztliche Bescheinigung.

Forscher erhielten grünes Licht für den Start klinischer Studien, müssen jedoch zunächst ein ernsthaftes Problem lösen: die Erstellung einer Joint-Attrappe. Das Gesundheitsministerium wird "mehrere Millionen Dollar ausgeben", um klinische Studien und langzeitige Forschung über den therapeutischen Wert gerauchten Marihuanas ausgeben, erklärte der Gesundheitsminister am 6. Oktober.

Nach einer Pressemitteilung der Regierung werden die klinischen Studien 250 Patienten in einem "doppel-blind randomisiertem Design" einschließen. Doppelblinde Studien erfordern, die Gabe echter Medikamente an eine Gruppe und Placebos an die andere, um die Wirksamkeit der Echtsubstanz zu ermitteln. Sowohl die "Community Research Initiative" von Toronto als auch das kanadische "HIV Trials Network" aus Vancouver werden Studien durchführen, in denen gerauchtes Cannabis mit Pillen, die nur THC, den wirksamsten Inhaltsstoff der Pflanze, enthalten. Beide Organisationen werden mit HIV-positiven und Aids-Patienten arbeiten.

(Quellen: Associated Press vom 5. Oktober 1999, Canadian Press vom 6. Oktober 1999)

Australien: Medizinisches Cannabis per Postbestellung

Eine Pro-Marihuana-Lobby-Gruppe bietet chronischen Schmerzpatienten Cannabis-Kekse per Postbestellung an. Graeme Dunstan, Koordinator des "Compassion Clubs" in Neu-Süd-Wales, erklärte, die in Nimbin ansässige Organisation wolle Cannabis-Anbauer, Verteiler und Konsumenten organisieren, um Personen mit medizinischem Bedarf mit preiswertem Cannabis guter Qualität zu versorgen.

Herr Dunstan sagte, Bedingung für die Abgabe an Mitglieder des Klubs sei eine schriftliche Empfehlung eines praktizierenden Arztes oder Heilpraktikers. "Das Leiden findet jetzt statt, der Bedarf ist jetzt, und wir werden nicht mehr länger warten," erklärte Dunstan.

"Wir bieten Cannabis-Kekse per Postbestellung an und erleichtern es leidenden Menschen, Zugang zu medizinischem Cannabis zu bekommen, ohne sich auf den Schwarzmarkt begeben zu müssen." Er erklärte, der "Compassion Club" werde das Cannabis zum möglichst niedrigen Preis abgeben und bitte um Spenden von Anbauern in ganz Australien.

(Quelle: AAP vom 14. Oktober 1999)

Deutschland: Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin

Auf der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) am 9. Oktober in Reutlingen wurde ein neuer Vorstand gewählt. Dieser besteht nun aus:
- Dr. Franjo Grotenhermen, Köln/Deutschland (Vorstandsvorsitzender)
- Dr. Kirsten Müller-Vahl, Hannover/Deutschland
- Dr. Kurt Blaas, Wien/Österreich
- Dr. Martin Schnelle, Berlin/Deutschland
- Dr. Ulrike Hagenbach, Basel/Schweiz
- Helmuth Santler, Wien/Österreich
- Prof. Robert Gorter, Berlin/Deutschland
- Ulrike Scheibling, Berlin/Deutschland

Drei Vorstandsmitglieder sind neu vertreten: Kirsten Müller-Vahl ist Neurologin und arbeitet in der Abteilung für Klinische Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover. Sie forscht zur Wirkung von THC beim Tourette-Syndrom. Robert Gorter ist Leiter des EURopäischen Instituts für onkologische und immunologische Forschung in Berlin und Associate Professor der Universität von Kalifornien in San Francisco. Kurt Blaas ist niedergelassener Arzt in Wien.

Der Vorschlag des Vorstandes, die ACM in eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft zu erweitern und zu verändern, wurde diskutiert, ohne eine Entscheidung zu treffen. Die Diskussion soll auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Frühjahr 2000 fortgesetzt werden.

(Quelle: ACM)

Kurzmeldungen

Wissenschaft:
Der Verlag Haworth Press kündigt an, dass er die Namen und Adressen von Personen zu erhalten wünscht, die ein Freiexemplar des "Journal of Cannabis Therapeutics" (Herausgeber: Dr. Ethan Russo) erhalten möchten. Alle Anfragen sollten mittels Briefpost auf dem BRIEFKOPF gerichtet werden an:
Journal Sample Copy Dept
The Haworth Press, Inc.
10 Alice Street
Binghamton, New York 13904
USA

USA:
Es werden Anstrengungen unternommen, um ein seit langer Zeit eingeschlafenes Forschungsprogramm in Neumexiko zur medizinischen Verwendung von Marihuana wiederzubeleben. Gesundheitsminister Alex Valdez sagte, er habe begonnen, das Lynn-Pierson-Therapieprogramm zu reaktivieren. Er erklärte am 8. Oktober, er sei von der Drogenbehörde DEA über die zu erfüllenden Anforderungen informiert worden. Die medizinische Verwendung von Marihuana ist in Neumexiko unter dem ruhenden Gesetz "Controlled Substances Therapeutic Research Act" von 1978 legal. Das Programm endete 1986, nachdem der Gesetzgeber sich weigerte, das jährliche Budget von 50.000 US-Dollar zu erneuern.
(Quelle: Associated Press vom 10. Oktober 1999)

Jamaika:
Der Senat von Jamaika hat einstimmig eine Resolution angenommen, nach der eine Kommission zur Untersuchung der Entkriminalisierung von Marihuana eingesetzt werden soll. Trevor Munroe, der unabhängige Senator, der die Resolution eingebracht hat, hat zudem vorgeschlagen, die Kommission solle auch die medizinische Anwendung berücksichtigen. Eine ähnliche Kommission hatte bereits vor 22 Jahren eine Liberalisierung des Marihuanakonsums sowie eine Legalisierung der Verschreibung durch Ärzte vorgeschlagen. Die Politiker hatten allerdings die Umsetzung der Empfehlungen damals abgelehnt.
(Quelle: NORML vom 14. Oktober 1999)

Deutschland:
Das Bundesgesundheitsministerium denkt über eine weitere Entkriminalisierung des Umgangs mit Marihuana nach. Staatssekretär Erwin Jordan erklärte am 5. Oktober auf dem 17. Deutschen Richtertag, angesichts der seit Jahren kontinuierlich zunehmenden Verfahren gegen die Konsumenten der Droge sei es fragwürdig, "ob die Strafbewehrung des Besitzes von Cannabis in kleinen Mengen eine effektive Maßnahme der Prävention darstellt". In Deutschland gehe man von zwei Millionen regelmäßiger Cannabiskonsumenten aus.
(Quelle: dpa vom 5. Oktober 1999)

Holland:
Für die gesetzliche Freigabe des Hanfanbaus in den Niederlanden haben sich die Bürgermeister von 20 Städten in einem Schreiben an die Regierung in Den Haag eingesetzt. Dadurch sollen die offiziellen Verkaufsstellen weicher Drogen in zahlreichen Städten der Niederlande, die so genannten Koffieshops, auf legale Weise mit Marihuana versorgt werden können. Dies geht aus dem am 9. Oktober veröffentlichten Schreiben hervor. Die Briefschreiber kritisieren die derzeitige Praxis als unklar und unbefriedigend. So sei der offene Verkauf von fünf Gramm Marihuana pro Kunde in den Koffieshops zulässig. Die Anlieferung dorthin könne aber bestraft werden.
(Quelle: dpa vom 9. Oktober 1999)

Blick in die Vergangenheit

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