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IACM-Informationen vom 18. September 1999

USA: Bundes-Berufungsgericht öffnet Tür für legale medizinische Verwendung von Cannabis

Ärzte und Patienten, die Marihuana verwenden, sind nach einem Gerichtsurteil des in San Francisco ansässigen Berufungsgerichts für den Neunten Bezirk besser vor bundesstaatlicher Verfolgung geschützt. Am 13. September hat das Gericht zum ersten Mal festgestellt, dass das Argument der medizinischen Notwendigkeit für einige Patienten besteht. Dieses Urteil könnte über dem Betäubungsmittelgesetz stehen, das die medizinische Verwendung von Marihuana auf Bundesebene verbietet.

In einem deutlichen Schlag gegen die Aktionen der Bundesregierung gegen die medizinische Verwendung von Marihuana hat das Gericht des neunten Bezirks den Richter eines niedrigeren Gerichtes aufgefordert, seine gerichtliche Verfügung zur Schließung der Oakland Cannabis Buyers' Cooperative (OCBC) in Kalifornien zu überdenken. In einem mit 3 zu 0 Stimmen gefassten Beschluss erklärte das Berufungsgericht, Richter Charles Breyer habe nicht hinreichend die Möglichkeit berücksichtigt, dass Marihuana eine unerlässliche Behandlung für von der Kooperative versorgten Menschen sein könne, die daher möglicherweise von der Verteidigung mit der "medizinischen Notwendigkeit" geschützt seien.

"Medizinische Notwendigkeit", wie sie in früheren Gerichtsverfahren definiert worden war, bedeutet, dass für Patienten alle legalen Alternativen unwirksam bei der Behandlung ihrer Erkrankungen sind, und dass sie großen Schaden ohne Zugang zu Cannabis erleiden würden. In seiner Entscheidung machte das Berufungsgericht deutlich, dass der Klub von Oakland nachgewiesen habe, "dass es eine Gruppe von Menschen mit schweren gesundheitlichen Zuständen gibt, für die der Konsum von Cannabis notwendig ist, um diese Zustände oder ihre Symptome zu lindern, die schweren Schaden erleiden, wenn ihnen Cannabis verweigert wird, und für die es keine legale Alternative gibt."

Als ein Ergebnis dieser Entscheidung des Berufungsgerichts muss Richter Charles Breyer nun in Erwägung ziehen, einigen medizinischen Marihuana-Patienten zu erlauben, Verteilungsstellen für sich und andere Patienten zu organisieren. Robert Raich, ein Rechtsanwalt für der OCBC, erklärte, die Gerichtsentscheidung vom Montag könnte Bedeutung über Kalifornien hinaus besitzen. Das Gericht für den Neunten Bezirk macht Gesetze für neun westliche Staaten, darunter jene, in denen die medizinische Marihuna-Bewegung in den letzten Jahren erfolgreich war.

Obwohl nicht so weitgehend, entsprach die Aussage des Gerichts der kalifornischen Initiative von 1996, die Patienten mit einer Empfehlung eines Arztes nach staatlichem Gesetz den Besitz und die Verwendung von Marihuana für ernsthafte Erkrankungen ohne Rezept erlaubt. Sie ist zudem konsistent mit medizinischen Marihuana-Gesetzen in vier anderen Staaten -- Arizona, Oregon, Washington und Alaska. Für diese Staaten -- sowie Nevada, das ein ähnliches Gesetz in Erwägung zieht -- scheint die Entscheidung eine Verteidigung mit der "medizinischen Notwendigkeit" anzuerkennen.

Dave Fratelllo, Sprecher der Amerikaner für Medizinische Rechte, welche die Proposition 215, die kalifornische medizinische Marihuana-Initiative, gesponsert hat, erklärte: "Diese neuen, von den Wählern verabschiedeten staatlichen Gesetze schreien nach Anerkennung auf Bundesniveau, dass Marihuana einen Platz in der Medizin hat. Wir können nun sehen, dass es einen Weg gibt, diese Aktivität legal nach den Bundesgesetzen auszuüben."

(Quellen: AP vom 13. und 14. September 1999, Reuters vom 14. September 1999, PRNewswire vom 15. September 1999)

Schweiz: MS Gesellschaft für legale medizinische Verwendung von Cannabis

Am 14. September begann in Basel eine Internationale MS-Woche. Parallel mit der Zusammenkunft von MS-Gesellschaften aus 36 Ländern finden wissenschaftliche Kongresse der amerikanischen und EURopäischen Komitees für die Behandlung und Erforschung der MS statt. Es werden rund 2800 Teilnehmer in Basel erwartet.

Auf großes Interesse stieß ein Workshop über Möglichkeiten und Grenzen von Hanf (Cannabis) zur Linderung von MS-Symptomen. Verschiedene Teilnehmer berichteten von positiven Erfahrungen, zeigten sich aber auch verunsichert durch die Cannabis-Prohibition. Dr. Claude Vaney, Chefarzt für Neurologie der Berner Höhenklinik Montana, der den Workshop leitete, erklärte: "Cannabis kann eine wirksame Alternative darstellen für Patienten, die auf gängige Medikamente nicht ansprechen."

Den Leuten gehe es nicht um den Rausch, sagte er zu seinen Erfahrungen mit MS-Patienten, die Hanf konsumieren. Rund jeder Zweite seiner Patienten spreche ihn auf Hanf an. Dessen muskelentspannende Wirkung hält Vaney für "evident", und auch der schmerzlindernde Effekt sei in Tierversuchen "klar nachgewiesen".

Dennoch will er keine generelle Empfehlung aussprechen, bevor die Wirkung nicht in einer klinischen Studie nachgewiesen sei. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist Vaney gegenwärtig dabei, eine solche Studie vorzubereiten. Die Schweizerische MS-Gesellschaft setzt sich im Rahmen der laufenden Revision des Betäubungsmittelgesetzes für eine Legalisierung der Hanfmedikation ein. Die Selbstmedikation mit Hanf wird zudem von den Behörden in vielen Kantonen der Schweiz weitgehend toleriert.

Claudia Zbinden und Madeleine Lers von der MS-Selbsthilfegruppe DeutschFreiburg betreiben ein Info-Telefon zum Thema MS und Hanf. "Es reagieren lange nicht alle gleich," sagt Madeleine Lers. Doch die große Mehrheit der Rückmeldungen sei positiv. Info-Telefon MS und Hanf: +41 (0)79 217 54 43 (Claudia Zbinden) +41 (0)79 330 66 03 (Madeleine Lers).

(Quelle: Basler Zeitung vom 14. und 15. September 1999)

Kurzmeldungen

Australien:
Die Regierung von Neu-Süd-Wales wird versuchen, das kontroverseste Gesetz, das sie jemals in Betracht gezogen hat, zu verabschieden. Drogenreformen, die Bestandteil des Paketes sind, umfassen ein Verwarnungssystem für Cannabis und regionale Studien für obligatorische Behandlungsprogramme für Kurzzeit-Konsumenten von Heroin, Speed, LSD und Ecstasy.
(Quelle: AAP vom 6. September 1999)

Deutschland:
Bei der vierten Internationalen CannaBusiness vom 17. bis 19. September in Hennef bei Köln erhielt Dr. Franjo Grotenhermen, wissenschaftlicher Mitarbeiter des nova-Instituts und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, den "Hanfpreis '99".

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