IACM-Informationen vom 27. Juni 2015
- Wissenschaft/Mensch: Gesetze, die die medizinische Verwendung von Cannabis in den USA erlauben, führen nicht zu erhöhtem Konsum durch Heranwachsende
- Wissenschaft/Mensch: Übersichten zum medizinischen Nutzen von Cannabis bestätigen eine gute Beweislage für einige Erkrankungen
- Kurzmeldungen
- Blick in die Vergangenheit
Wissenschaft/Mensch: Gesetze, die die medizinische Verwendung von Cannabis in den USA erlauben, führen nicht zu erhöhtem Konsum durch Heranwachsende
In Staaten der USA, in denen medizinisches Cannabis legal ist, nahm der Cannabiskonsum bei Jugendlichen nicht zu. Das berichteten Forscher der Columbia-Universität in New York am 15. Juni 2015. Die neue Analyse ist die bisher überzeugendste Untersuchung, um die viel diskutierte Frage zu beantworten: Führt die Entkriminalisierung von Cannabis dazu, dass mehr Jugendliche es konsumieren? Die Studie fand heraus, dass Staaten, die die medizinische Verwendung legalisiert hatten, vor Inkrafttreten der Gesetze verglichen mit Staaten, in denen die Droge illegal bleibt, höhere Raten an Cannabiskonsum durch Jugendliche aufwiesen. Die Studie fand heraus, dass diese höheren Raten durch die Gesetzesänderungen unbeeinflusst blieben.
Der Bericht, der in Lancet Psychiatry veröffentlicht worden war, überblickt einen Zeitraum von 24 Jahren und basiert auf Umfragen von mehr als einer Million Heranwachsender in 48 Staaten. Eine wichtige Sorge auf beiden Seiten der Debatte über medizinischen Cannabis betrifft die Frage, ob eine Lockerung der Cannabisgesetzgebung die falsche Botschaft an junge Leute senden könnte und die Droge sowohl leichter verfügbar als auch attraktiver machen könnte. Mehrere Studien legen nahe, dass Jugendliche, die eine starke tägliche Gewohnheit entwickeln und beibehalten, ihr Risiko für spätere kognitive Schwierigkeiten erhöhen.
Hasin DS, Wall M, Keyes KM, Cerdá M, Schulenberg J, O'Malley PM, Galea S, Pacula R, Feng T. Medical marijuana laws and adolescent marijuana use in the USA from 1991 to 2014: results from annual, repeated cross-sectional surveys. Lancet Psychiatry, 15. Juni 2015 [im Druck]
New York Times vom 15. Juni 2015
Wissenschaft/Mensch: Übersichten zum medizinischen Nutzen von Cannabis bestätigen eine gute Beweislage für einige Erkrankungen
Eine Beweislage von mäßig guter bis hoher Qualität unterstützt die Verwendung von Cannabis für einige Erkrankungen, jedoch nicht für andere. Dies ist das Ergebnis von zwei Übersichten früherer Forschung, die im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht wurden. Nach einer Übersicht von 80 randomisierten Studien, die nahezu 6500 Personen einschloss, fanden Forscher eine mäßig starke Unterstützung für die Verwendung von Cannabis zur Behandlung chronischer Schmerzen, Muskelspasmen und unkontrollierter Bewegungen.
Die Beweislage war nicht so stark zur Unterstützung der Cannabisverwendung für Übelkeit und Erbrechen bei einer Chemotherapie, Schlafstörungen, HIV-bedingten Gewichtsverlust und Tourette-Syndrom, folgerten Penny Whiting von den Universitätskrankenhäusern des Bristol NHS Foundation Trust und ihre Kollegen in Großbritannien. Diese Übersicht war vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegeben worden. Eine zweite Übersicht, die in der gleichen Zeitschrift von Dr. Kevin Hill vom McLean-Krankenhaus in Belmont (USA) veröffentlicht worden war, kam zu ähnlichen Ergebnissen. In dieser Übersicht fand sich eine qualitativ hochwertige Beweislage für die Verwendung von Cannabis bei Menschen mit chronischen oder neuropathischen Schmerzen und Muskelproblemen aufgrund von multipler Sklerose.
Hill KP. Medical Marijuana for Treatment of Chronic Pain and Other Medical and Psychiatric Problems: A Clinical Review. JAMA 2015;313(24):2474-83.
Whiting PF, Wolff RF, Deshpande S, Di Nisio M, Duffy S, Hernandez AV, Keurentjes JC, Lang S, Misso K, Ryder S, Schmidlkofer S, Westwood M, Kleijnen J. Cannabinoids for Medical Use: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA 2015;313(24):2456-73.
Kurzmeldungen
Kanada: Vancouver reguliert Cannabisverteilungsstellen
Der Stadtrat von Vancouver hat dafür gestimmt, die etwa 100 medizinischen Cannabisverkaufsstellen in der Stadt zu regulieren und zu lizensieren, und macht die Stadt zur ersten in Kanada, die das tut und damit erhebliche Kritik von Gesundheitsministerin Rona Ambrose auf sich zieht.
CBC News vom 25. Juni 2015
USA: Der höchste Gerichtshof von Colorado hat geurteilt, dass Angestellte wegen der medizinischen Verwendung von Cannabis entlassen werden dürfen
Der oberste Gerichtshof von Colorado urteilte am 15. Juni, dass Unternehmen ihre Angestellten, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit medizinischen Cannabis verwenden, der nach den staatlichen Gesetzen legal ist, entlassen dürfen, weil Cannabis nach den Bundesgesetzen weiterhin illegal bleibt.
Reuters vom 15. Juni 2015
USA: Die Obama-Administration hat die Forschung zu medizinischem Cannabis erleichtert
Eine seit langem bestehende bürokratische Hürde für privat finanzierte Cannabisforschung wurde gerade beseitigt und tritt sofort in Kraft. Die Regierung hat die Notwendigkeit für Forscher, einen Forschungs-Vorschlag beim so genannten Public Health Service Board einzureichen, damit dieser seinen wissenschaftlichen Wert und seine ethische Zulässigkeit überprüfen kann, abgeschafft. Forscher müssen ihren Vorschlag nun nur der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA vorlegen.
Washington Post vom 22. Juni 2015
Wissenschaft/Mensch: Bei häufigem Cannabiskonsum kann THC im Blutplasma mehrere Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar sein
In einer Studie mit 28 chronischen regelmäßigen Cannabisrauchern, die ihren Konsum einstellten, lag die THC-Konzentration bei 16 Teilnehmern 48 Stunden nach dem letzten Konsum über 2 ng/ml. THC-COOH war in drei von fünf Blutproben 30 Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar und die mediane THC-Plasmakonzentration war 0,3 ng/ml in diesen fünf Blutplasma-Proben.
Nationales Institut für den Drogenmissbrauch, Baltimore, USA.
Karschner EL, et al. Drug Test Anal, 11. Juni 2015 [Im Druck]
Wissenschaft/Zellen: CBD verursacht eine Entspannung menschlicher Arterien
Es wurden die Wirkungen von CBD auf Endothelzellen menschlicher Arterien untersucht. Aus ihrer Forschung folgerten die Autoren, dass "diese Studie zum ersten Mal zeigt, dass CBD eine Entspannung menschlicher Mesenterialarterien durch die Aktivierung" von CB1-Rezeptoren und Vanilloid-Rezeptoren bewirkt.
Medizinische Fakultät, Universität von Nottingham, Großbritannien.
Stanley CP, et al. Cardiovasc Res, 19. Juni 2015 [Im Druck]
Wissenschaft/Tier: CBD könnte nützlich bei Herzinfarkt sein
Bei Kaninchen wurde ein akuter Herzinfarkt verursacht, und die Wirkungen intravenöser CBD-Gaben von 0,1 mg/kg Körpergewicht untersucht. Die Autoren folgerten, dass die CBD-Therapie die Infarktgröße reduzierte und die Wiederherstellung der Herzfunktion erleichterte, und dass dies einen therapeutischen Nutzen haben könnte.
Universitätskrankenhaus Gasthuisberg, Leuven, Belgien.
Feng Y, et al. J Cardiovasc Pharmacol, 9. Juni 2015 [im Druck]
Wissenschaft/Zellen: CBD und THC reduzierten Lebensfähigkeit von Myelom-Zellen
OWC Pharmaceutical Research, ein israelisches Unternehmen, gab bekannt, dass verschiedene Kombinationen aus THC und CBD das Überleben von Myelom-Zellen in einer konzentrationsabhängigen Art und Weise reduzierte. Das Multiple Myelom ist ein Krebs der Plasmazellen, eine Form der weißen Blutzellen. Die Ergebnisse ergaben einen Tod der Krebszellen von bis zu mehr als 60 %. THC und CBD in verschiedenen Verhältnissen waren wirksamer als THC oder CBD allein.
PR Newswire vom 17. Juni 2015
Wissenschaft/Tier: CBD kann einen Gedächtnisverlust verursachen und diese Wirkung kann durch Koffein reduziert werden
CBD reduzierte das Gedächtnis und verursachte eine Reduzierung der Angst bei Zebrafischen. Eine langzeitige Vorbehandlung mit Koffein reduzierte den Gedächtnisverlust. Die Autoren schrieben, dass "diese Ergebnisse zeigen, dass CBD bei Zebrafischen angstlösende Eigenschaften besitzt, die mit anderen Tiermodellen vergleichbar sind, und dass hohe Dosen die Bewahrung des Gedächtnisses veränderten".
Pontifícia Universidade Católica do Rio Grande do Sul, Porto Alegre, Brasilien.
Nazario LR et al. Pharmacol Biochem Behav. 2015;135:210-216.
Wissenschaft/Mensch: Positive THC-Befunde im Haar können auf einer externen THC-Exposition beruhen
In einer Studie mit zehn Teilnehmern, die an fünf aufeinander folgenden eine Cannabiszigarette rollten, ohne Cannabis zu konsumieren, konnte THCA und THC in Haarproben aller Teilnehmer nachgewiesen werden. Die Autoren schrieben, dass "diese Befunde von besonderem Interesse bei der Interpretation von THC-positiven Haarbefunden bei Kindern oder Partnern von Cannabiskonsumenten sind, bei denen ein solcher Transfer aufgrund eines engen Körperkontakts auftreten kann."
Institut für forensische Medizin, Medizinische Fakultät, Universität Freiburg, Deutschland.
Moosmann B, et al. Drug Test Anal, 21. Juni 2015 [im Druck]
Wissenschaft: Neun neue Cannabinoide wurden in hochpotentem Cannabis entdeckt
Neun neue Cannabinoide wurden aus einer hochpotenten Cannabissorte isoliert. Diese in geringer Konzentration vorkommenden Cannabinoide umfassen vier Hexahydrocannabinole, vier Tetrahydrocannabinole und ein hydroxyliertes Cannabinol.
Nationales Zentrum für die Erforschung natürlicher Produkte, Universität von Mississippi, USA.
Ahmed SA, et al. Phytochemistry. 2015 Jun 17;117:194-199.
Wissenschaft/Tier: Die hohe Präsenz von CB2-Rezeptoren könnte ein Marker für Entzündungen im Gehirn in frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit sein
In einem Mausmodell der Alzheimer Krankheit (AD) wurden CB2-Rezeptoren entdeckt, besonders in Amyloid-Plaques. Die Autoren schrieben, dass ihre Studie "nahelegt, dass ein CB2-spezifischer Radiotracer als ein Biomarker für Nervenentzündungen in frühen vorklinischen Stadien des AD, wenn noch kein signifikanter Nervenverlust aufgetreten ist, verwendet werden könnte".
Pathologisches Institut, Medizinische Fakultät der Johns Hopkins-Universität, Baltimore, USA.
Savonenko AV, et al. PLoS One 2015;10(6):e0129618.
Wissenschaft: Stress beeinflusst die Endocannabinoid-Spiegel
Eine Übersicht über die Wirkungen von Stress auf das Endocannabinoidsystem zeigt, dass Stress unterschiedliche Veränderungen bei zwei Endocannabinoiden, Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG) verursacht, wobei eine Stressexposition den AEA-Spiegel reduziert und den 2-AG-Spiegel erhöht. Zudem führt die chronische Stress-Exposition in nahezu allen untersuchten Hirnregionen zu einer chronischen Herunterregulierung oder Verlust von CB1-Rezeptoren.
Hotchkiss-Gehirninstitut, Universität von Calgary, Kanada.
Morena M, et al. Neuropsychopharmacology, 15. Juni 2015 [im Druck]
Wissenschaft/Zellen: Die Aktivierung von CB1- und A1-Rezeptoren bewirkt einen additiven Nervenschutz vor Glutamat
Der Neurotransmitter Glutamat verursacht nach Gehirnverletzungen Nervenschäden im Gehirn. Neue Forschung zeigt, dass sowohl CB1- als auch A1-Rezeptoren einen additiven, kumulativen Nervenschutz vor der durch Glutamat verursachten giftigen Wirkung auf Nervenzellen im Hippocampus, einer bestimmten Hirnregion, bewirken.
CICS-UBI - Health Sciences Research Center, Universität von Beira Interior, Covilhã, Portugal.
Serpa A, et al. Neurochem Int, 9 Juni 2015 [im Druck]
Blick in die Vergangenheit
Vor einem Jahr
- Deutschland: Gericht erlaubt schwer kranken Patienten, ihren eigenen Cannabis anzubauen
- Wissenschaft/Mensch: THC sicher bei der therapeutischen Verwendung durch ältere Personen
- Wissenschaft/Tier: Wie THC das Tumorwachstum verlangsamen könnte
Vor zwei Jahren
Veranstaltungen 2020
Alle Informationen zu den IACM Online Events inklusive kostenlose Videos der Webinare mit deutschen Untertiteln finden Sie hier.
IACM-Konferenz 2022
Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.
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