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IACM-Informationen vom 13. Juni 1998

Holland: Klinische Studien mit Cannabisextrakt an AIDS- und Krebskranken geplant

Das niederländische Ministerium für Volksgesundheit hat dem Arzneimittelunternehmen Weleda in Zoetermeer in den Niederlanden die Erlaubnis erteilt, 10 Kilogramm Marihuana aus den USA zur Herstellung von Kapseln zu importieren, damit noch in diesem Jahr klinische Studien beginnen können. Das Unternehmen Weleda, das Medikamente und Kosmetika auf anthroposophischer Grundlage herstellt, möchte das Cannabis aus biologischem Anbau zu etwa 180.000 Kapseln verarbeiten. Jede Kapsel soll 2,5 mg THC des öligen Cannabisextraktes enthalten.

Mit Hilfe der Kapseln sollen klinische Studien an Krebs- und AIDS-Patienten unter der Leitung von Prof. Gorter, dem Direktor des EURopäischen Instituts für onkologische und immunologische Forschung, durchgeführt werden. Untersucht werden soll die appetitsteigernde Wirkung bei Krebs und AIDS, der brechreizhemmende Effekt sowie die Wirkung auf Lebensqualität und Lebensdauer der Patienten. Pro Tag benötigt ein Patient 2 Kapseln, eine Menge, die nicht zu psychischen Wirkungen führt. Die Verabreichung von Cannabis in Kapselform läßt eine genauere Dosierung sowie Sicherung der Qualität des Marihuanas zu, als das beim Rauchen oder Zubereiten von Marihuana-Tee möglich ist.

Da es holländischen Apotheken seit August 1997 untersagt ist, Cannabis an Kranke abzugeben, sahen sich viele Patienten gezwungen, die Droge in Koffieshops zu kaufen. Für viele stellt das ein großes Hindernis dar. Allerdings haben die Koffieshops eine Aktion gestartet, um Marihuana gegen Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung zum Selbstkostenpreis abzugeben.

Seit dem März 1998 steht Patienten das synthetische Präparat Marinol mit dem Einzelwirkstoff THC (Dronabinol) der Hanf-Pflanze zur Verfügung. Das aus den USA importierte Medikament kostet in den Niederlanden pro Kapsel ca. 20 DM und ist damit erheblich teurer als das natürliche Cannabis in Kapseln, von denen jede 2 bis 3 DM kosten soll.

Das niederländische "Stichting Patientenbelangen Medicinale Marihuana" begrüßte die Entscheidung des niederländischen Ministeriums für Volksgesundheit, dem Arzneimittelunternehmen Weleda die sogenannte "Opium-Erlaubnis" zu erteilen. Das natürliche Cannabis soll in den geplanten Studien gegen das synthetische THC-Präparat sowie gegen Placebo getestet werden. Die Untersuchungen sollen laut Prof. Gorter unter Beteiligung mehrerer Universitätskliniken im Herbst dieses Jahres beginnen.

(Quellen: De Volkskrant vom 30. Mai 1998, Het Parool vom 30. Mai 1998, persönliche Mitteilungen)

Großbritannien: Lizenz für Drogenhanfanbau für medizinische Forschung

Die pharmazeutische Firma GW Pharmaceuticals hat am 11. Juni 1998 die Erlaubnis des Innenministeriums zum Anbau, zur Lagerung und zur Verteilung von Drogenhanf für medizinische Forschungszwecke erhalten. Es ist die erste Lizenz dieser Art in Großbritannien. Das Marihuana werde an einem geheimen Ort in einem riesigen Gewächshaus angebaut. Der Maßstab des gesamten Projektes ist nach Aussage von Dr. Geoffrey Guy, Gründer von GW Pharmaceuticals Ltd, für die Aufnahme von jährlich 500 bis 600 Patienten in klinische Studien angelegt.

Guy erklärte, daß es starke Hinweise auf einen Nutzen von Cannabis bei einer Vielzahl von Erkrankungen gebe, darunter als Appetitanreger bei AIDS-Patienten, zur Brechreizhemmung im Rahmen einer Krebschemotherapie, zur Senkung des Augeninnendruck beim Glaukom, zur Muskelentspannung bei organisch bedingter Spastik und als schmerzhemmendes Mittel.

Er hofft, innerhalb von fünf Jahren ein Präparat auf den Markt bringen zu können. Die Lizenz umfaßt die Entwicklung von standardisierten Cannabisextrakten unter kontrollierten Bedingungen, die Untersuchung anderer geeigneter Methoden zur Arzneimittelapplikation als durch Rauchen, die Überprüfung der therapeutischen Sicherheit bei einer Anzahl von Erkrankungen, die Bereitstellung von Material für die klinische Forschung, die Sammlung von Daten für Produktlizenzen durch medizinische Kontrollgremien.

Im Falle deutlicher Hinweise auf einen therapeutischen Nutzen der entwickelten Präparate zeige die Regierung große Bereitschaft zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes. Zudem habe das britische Innenministerium nach Aussagen von Guy angedeutet, daß es ihm eine Exportlizenz erteilen wolle, so daß internationale Forschungsprogramme möglich würden. Es besteht eine Kooperation mit der holländischen Firma HortaPharm B. V., die umfangreiche Erfahrungen mit dem Anbau und der Standardisierung von Cannabis für medizinische Zwecke besitzt.

(Quellen: Reuters vom 11. Juni 1998, AP vom 11. Juni 1998, Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 11. Juni 1998, Email von Geoffrey Guy vom 12. Juni 1998)

UNO: Sonderkonferenz zum Drogenproblem in New York ohne neue Perspektiven

"Illusionen von gestern" titelte das Hamburger Magazin 'Der Spiegel' einen Bericht über die dreitägige Sonderkonferenz der Vereinten Nationen (UNO) in New York zum Drogenproblem, die am 10. Juni zu Ende ging.

Nach den von den Teilnehmern, darunter 30 Staatschefs, verabschiedeten Dokumenten soll der Drogenanbau und der -konsum innerhalb der nächsten 10 Jahre deutlich vermindert werden. Bis zum Jahre 2003 sollen die Teilnehmerstaaten "neue oder verstärkte Strategien und Programme zur Verminderung der Drogennachfrage" aufbauen. Auf der Angebotsseite verpflichten sich die Staaten, "Strategien zur Eliminierung oder signifikanten Reduzierung des illegalen Anbaus von Coca-Sträuchern, Cannabis- oder Marihuanapflanzen und Mohn bis zum Jahr 2008 zu entwickeln". Zudem sollen verstärkte Maßnahmen gegen die Geldwäsche unternommen werden.

Kritiker halten das Konzept des "Krieg den Drogen" für gescheitert. Nach einem Beschluß der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 23. Februar 1990 in New York sollte das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bereits als "Uno-Dekade gegen Drogenmißbrauch" den Sieg der Menschheit über die Sucht einläuten. Vergleichbare Initiativen stammen aus den sechziger und siebziger Jahren.

Daß die Vereinten Nationen dennoch an ihrer erfolglosen Strategie festhalten, liegt vor allem an einer Behörde mit 272 Mitarbeitern, der Uno-Drogenkontrollstelle (UNDCP) mit Hauptsitz in Wien und deren Chef Pino Arlachi. Die Zentralinstanz mit Büros in 20 Ländern wurde 1990 gegründet, um das gerade beschlossene Anti-Drogenprogramm umzusetzen.

Dagegen drängen eine Anzahl von Wissenschaftlern, Künstlern und Politikern Generalsekretär Annan, "einen wirklich offenen und ehrlichen Dialog über die Zukunft der weltweiten Drogenpolitik zu beginnen", anstatt "rhetorisch die Schaffung drogenfreier Gesellschaften zu propagieren". Unterschrieben haben etwa die schleswig-holsteinische Sozialministerin Heide Moser (SPD), die FDP-Politikerin Sabine Leutheuser-Scnarrenberger, der Schriftsteller Günter Grass und der Publizist Johannes Gross. Zu den einflußreichsten Unterzeichnern des Schreibens an Annan zählt der US-Finanzmogul George Soros: "Unsere Drogenpolitik ist verrückt", urteilt Soros über den seit den sechziger Jahren tobenden "Krieg gegen die Drogen". Dieser Krieg schädige die Gesellschaft "stärker als der Drogenmißbrauch selbst".

Etwa 100 Organisationen haben sich zur Globalen Koalition gegen den Drogenkrieg zusammengeschlossen und die Globalen Tage gegen den Drogenkrieg ausgerufen. Diese Nicht-Regierungs-Organsiationen unterstützen neue soziale, medizinische und rechtliche Programme. Repressive Maßnahmen würden nur die Gefängnisse füllen, ohne den Schaden zu vermindern, den Drogen anrichten.

(Quellen: Zahlreiche Presseagenturmeldungen und Zeitungsberichte)

Kurzmeldungen

USA:
Die demokratische Partei im Staat Washington hat auf ihrer Versammlung in der letzten Woche die Unterstützung der staatlichen Initiative für die medizinischen Verwendung von Marihuana beschlossen. Die Initiative sieht vor, daß Schwerkranke nicht für den Besitz und die Verwendung von Marihuana bestraft werden dürfen. Die Unterstützer müssen bis zum 2. Juli 182.000 Unterschriften sammeln, damit es zur Volksabstimmung im November kommt.
(Quelle: NORML vom 11. Juni 1998)


USA:
Nach einem Bericht von der Universität von Connecticut kann es chronischen Marihuana-Konsumenten schwerfallen, ihren Konsum einzustellen. Es könnten Reizbarkeit und Angst während des Entzugs auftreten. Patienten, die in ein Marihuana-Abhängigkeits-Behandlungsprogramm aufgenommen worden waren, hätten "nicht gewußt, wie süchtig sie seien, bis sie versucht hätten aufzuhören," erklärte der Studienleiter Dr. Ronald Kadden. Es handelt sich um vorläufige Ergebnisse eines dreijährigen Programms mit Patienten, die seit vielen Jahren täglich Marihuana konsumierten.
(Quelle: Reuters vom 12. Juni 1998)

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