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IACM-Informationen vom 12. Juni 1999

Kanada: Die beiden ersten Patienten erhielten eine Erlaubnis der Regierung zur Verwendung von Marihuana

Die Bundesregierung hat zum ersten Mal in der kanadischen Geschichte zwei Patienten die Erlaubnis erteilt, Marihuana für medizinische Zwecke anzubauen und zu verwenden. Es handelt sich um zwei Aids-Patienten, Jim Wakeford aus Toronto und Jean-Charles Pariseau aus Vanier.

In einer Pressemitteilung vom 9. Juni gab Gesundheitsminister Allan Rock bekannt, dass "er seine Befugnis nach Kapitel 56 des Betäubungsmittelgesetzes ausgeübt und zwei Personen Ausnahmen für den Besitz und den Anbau von Marihuana für medizinische Zwecke gewährt habe." Er stellte zudem im Abgeordnetenhaus einen Zustandsbericht unter dem Titel "Forschungsplan des kanadischen Gesundheitsministeriums für die Verwendung von Marihuana für medizinische Zwecke" vor.

Der Plan beinhaltet die Möglichkeit, weitere Genehmigungen nach Kapitel 56 des Betäubungsmittelgesetzes zu beantragen. Das Ministerium will jeden Antrag innerhalb von 15 Tagen nach Eingang aller notwendigen Informationen bearbeiten. Am 6. Mai veröffentlichte das Gesundheitsministerium eine Anleitung zur Zusammenstellung der Informationen, die Bewerber um eine Ausnahmegenehmigung beibringen müssen. Rock erklärte, er habe 30 Anträge von Personen erhalten, die Marihuana für medizinische Zwecke verwenden wollen.

Hinsichtlich klinischer Studien weist der Forschungsplan drei Komponenten auf:

1. Finanzierungsmittel zur Durchführung von klinischen Kurzzeitstudien, in denen Marihuana geraucht wird, sind der "Community Research Initiative" von Toronto im Verein mit dem kanadischen "HIV Trial Network" übergeben worden. Das Gesundheitsministerium wird mit kanadischen Forschern zusammenarbeiten, um Zugang zu für Forschungszwecke bestimmten Marihuanazigaretten des Nationalen Institut für den Drogenmissbrauch (NIDA) der USA zu erhalten.

2. Der Medizinische Forschungsrat (Medical Research Council) wird Geldmittel zur Unterstützung mannigfaltiger Forschungsaktivitäten erhalten, inklusive klinischer Studien mit Marihuana, Marihuana-Extrakten und verwandten Produkten. Aufforderungen für Vorschläge werden später im Juni bekannt gegeben. Forschungsvorschläge sind fällig bis zum 15. September.

3. Das Gesundheitsministerium steht in Verhandlungen mit GW Pharmaceuticals aus Großbritannien zur Entwicklung von klinischen Studien, in der nicht-gerauchte Formen von Marihuana eingesetzt werden -- unter Verwendung von Inhalatoren. Diese Studien würden in Kanada durchgeführt, unter Verwendung des für Forschungszwecke entwickelten Produkts.

Zusätzlich zur Inangriffnahme der Entwicklung klinischer Studien ist das kanadische Gesundheitsministerium dabei, einen Geschäftsplan für die Schaffung einer von der Regierung bewilligten heimischen Quelle für die Versorgung mit Marihuana für Forschungszwecke in Kanada zu entwickeln.

(Quellen: Pressemitteilung von Allan Rock vom 9. Juni 1999, Canadian Press vom 9. Juni 1999, Calgary Sun vom 9. Juni 1999)

Wissenschaft: Erhöhte Konzentration von Endocannabinoiden eine Kompensation für ein hyperaktives Dopaminsystem bei Schizophrenie?

In der Hirnflüssigkeit von Menschen mit Schizophrenie finden sich möglicherweise vermehrt Endocannabinoide. Dies könnte erklären, warum viele an dieser Krankheit Leidende Marihuana rauchen. Cannabis wird von mehr Schizophrenen als von anderen konsumiert.

Viele Forscher machen ein überaktives Dopamin-System im Gehirn für die Schizophrenie verantwortlich. Daniele Piomelli und Kollegen von der Universität von Kalifornien in Irvine haben bereits an Ratten demonstriert, dass die Anandamid-Freisetzung im dorsalen Striatum -- einer Gehirnregion -- durch eine Aktivierung von Dopaminrezeptoren dramatisch stimuliert wird (Giuffrida 1999).

Nun hat Piomellis Gruppe die Rückenmarksflüssigkeit von 10 schizophrenen Patienten untersucht, die ihnen an der Medizinischen Hochschule Hannover für diagnostische Zwecke entnommen worden war. Sie fanden, dass die Flüssigkeit von schizophrenen Patienten im Durchschnitt zweimal so viel Anandamid und zweimal so viel Palmitylethanolamid (PEA) enthielt wie die Flüssigkeit von normalem Kontrollen. Es fand sich kein Unterschied in der Konzentration von Oleylethanolamid. Ihre Forschung wurde in der Juni-Ausgabe von NeuroReport veröffentlicht (Leweke 1999).

Eine Erklärung für die höheren Konzentrationen bei Schizophrenen ist ein Versuch des Gehirns, ein hyperaktives Dopaminsystem zu kompensieren. "Es ist die Antwort des Gehirns, um diese Dopamin-Aktivität herunterzubringen," sagte Piomelli. Aber das Gehirn kann die Anandamid-Menge nicht hoch genug halten, um das Dopamin-Niveau zu senken, erklärte er.

Dies könnte erklären, warum Schizophrene oft Marihuana rauchen. THC und Anandamid binden beide an den Cannabinoid-Rezeptor des Gehirns (CB1), der eine hohe Dichte in Regionen des menschlichen Hirns zeigt, die mit der Schizophrenie in Verbindung stehen, inklusive der präfrontalen Hirnrinde, den Basalganglien und dem Hippocampus. Es könnte sein, dass sich die Patienten selbst zu behandeln versuchen, erklärte Piomelli. Aber da Cannabis im Gehirn nicht selektiv wirkt, sieht er es nicht als eine nützliche Therapie für die Schizophrenie an. "Ich denke nicht, dass die Patienten high werden wollen," sagte er. "Ich denke, dass sie sich besser fühlen wollen."

Die Rolle des PEA bleibt unklar, weil es nicht an den CB1-Rezeptor bindet. Pharmakologische Befunde zeigen jedoch, dass PEA die Übererregbarkeit des Kleinhirns reduzieren kann. "Unsere Befunde, die ein erhöhtes PEA bei Schizophrenie zeigen, unterstreichen die Notwendigkeit zur weiteren Erforschung der biochemischen und pharmakologischen Eigenschaften dieses möglichen Signal-Moleküls," heißt es in dem Artikel.

Es bestehen einige Unsicherheiten in dieser Untersuchung hinsichtlich der kausalen Beziehung zwischen hohen Konzentrationen der beiden Endocannabinoide und Schizophrenie. Daher untersuchen die Forscher nun Hirnflüssigkeit von mehr Patienten, um zu sehen, ob die Korrelation weiterbesteht.

(Quellen: Leweke FW, et al: NeuroReport (1999) 10:1665-1669; Giuffrida A, et al: Nat Neurosci (1999) 2:358-363; Knight J: New Scientist, 29 May 1999)

Wissenschaft: Erhöhte Konzentration von Endocannabinoiden eine Kompensation für ein hyperaktives Dopaminsystem bei Schizophrenie?

USA: Oberster Gerichtshof von Florida: Angeklagte können sich weiterhin auf die "medizinische Notwendigkeit" berufen

Kurzmeldungen

Großbritannien:
Der Drogenbeauftragte der Regierung Keith Hellawell erklärte am 4. Juni in BBC News Online, dass er die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke unterstütze. "Ich unterstütze die Verwendung von Cannabis aus medizinischen Gründen," erklärte er. "Ich habe auch eine Menge Sympathie, weil ich viele Menschen getroffen habe, die unter echten Erkrankungen leiden und feststellen, dass ihnen diese Substanz helfen kann." Hellawell sagte, dass er nicht denke, Cannabis solle auf Rezept verfügbar sein, bevor weitere klinische Studien abgeschlossen sind.
(Quelle NORML vom 10. Juni 1999)

Kanada:
Seit zwei Jahren verkauft der Compassion Club in Ost-Vancouver ohne Aufsehen Marihuana an Patienten mit ernsthaften Erkrankungen. Die Gründerin des Klubs, Hilary Black, erklärte, ihre Gesellschaft habe bisher keinen Ärger mit der Polizei gehabt. Der Klub sei eine registrierte gemeinnützige Organisation mit 700 Mitgliedern. Die Mitglieder des Compassion Clubs sind HIV-Positive, haben Aids, Krebs, Epilepsie, Glaukom, Multiple Sklerose, Arthritis, Fibromyalgie und andere Arten chronischer Schmerzen.
(Quelle: North Shore News vom 24. Mai 1999)

USA:
Der Oberste Gerichtshof von Florida hat am 3. Juni entschieden, dass wegen des Besitzes von Marihuana Angeklagte, sich weiterhin auf die "medizinische Notwendigkeit" berufen können. George Sowell, der am Glaukom leidet, wurde 1995 wegen Marihuana-Besitzes verurteilt. Er hatte vor Gericht argumentiert, dass er die Substanz zur Kontrolle seiner Erkrankung brauche, aber der Richter weigerte sich, diese Rechtfertigung zu erlauben. Das erste Berufungsgericht hob jedoch die Verurteilung auf. Generalstaatsanwalt Bob Butterworth bat den Obersten Gerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts zu verwerfen. Aber der Gerichtshof "stimmte einstimmig darin überein, dass die Angelegenheit 'ein extremes Grenzprinzip des Rechts' berührt und daher nicht in das höchste Gericht gehört." Daher kann Sowell zurück zur ersten Instanz gehen und beweisen versuchen, dass seine Marihuanaverwendung eine gültige medizinische Notwendigkeit darstellte.
(Quelle: Kaiser Daily HIV/AIDS Report vom 8. Juni 1999)

Schweiz:
Ein Schweizer Gericht verurteilte am 31. Mai einen Hanfbauern wegen der Produktion von 8,5 Tonnen getrockneter Pflanzen und Verkauf des THC-reichen Materials in Duftsäckchen zu 16 Monaten Gefängnis. Bernard Rappaz wurde wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz für schuldig befunden. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen.
(Quelle: AP vom 31. Mai 1999)

Blick in die Vergangenheit

Vor einem Jahr

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