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IACM-Informationen vom 14. Februar 2009

Deutschland: Erste Patienten erhalten Cannabiskraut aus der Apotheke

Am 7. Februar hat die erste Patientin Cannabiskraut als Medikament aus der Apotheke erhalten. Bisher haben sieben Patienten vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine entsprechende Ausnahmegenehmigung erhalten und bekommen in diesen Tagen erstmals ihr Medikament, Cannabis aus den Niederlanden, das auch dort in Apotheken erhältlich ist. Das erklärte der Leiter der Bundesopiumstelle beim BfArM, Dr. Winfried Kleinert, in Bonn. Weitere 27 Patienten besitzen bisher eine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung eines Cannabisextrakts, der aus diesem Cannabis hergestellt wird.

Die sieben Patienten leiden an chronischen Schmerzen, multipler Sklerose, Tourette-Syndrom und anderen schweren Erkrankungen. Die Kosten belaufen sich für die Betroffenen auf etwa 15 EURo pro Gramm Cannabis mit einem Dronabinol-Gehalt von 18 Prozent, etwa das Doppelte des Preises in niederländischen Apotheken. Das Antragsverfahren ist zur Zeit recht aufwändig, da die behandelnden Ärzte ein ausführliches Gutachten erstellen müssen, indem sie die Notwendigkeit einer Therapie mit Cannabis begründen. In einem aktuellen Gutachten von Dr. Lorenz Böllinger, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Bremen, und Dr. Harald Hans Körner, Oberstaatsanwalt aus Frankfurt und bekannter Kommentator des Betäubungsmittelgesetzes, weisen die Autoren darauf hin, dass das Antragsverfahren erleichtert werden sollte, um den Interessen der Patienten auf eine angemessene Linderung ihrer Leiden gerecht werden zu können.

Mehr unter:
www.aachener-zeitung.de/sixcms/detail.php?template=az_druckversion&id=809829&_wo=Lokales:Euregio

Das juristische Gutachten ist verfügbar unter:
www.cannabis-med.org/german/gutachten_boe-koe.pdf

(Quellen: persönliche Mitteilungen, Gutachten von Prof. Böllinger und Dr. Harald Hans Körner, dpa vom 14. Februar 2009)

USA: Änderung der Politik der Bundesregierung zu medizinischem Cannabis erwartet

Es wird erwartet, dass sich die Politik der Bundesregierung hinsichtlich der medizinischen Verwendung von Cannabis verändern wird. "Der Präsident ist der Auffassung, dass Mittel des Bundes nicht verwendet werden sollten, um staatliche Gesetze zu umgehen, und so wie er leitende Personen ernennt, die für die Bundesregierung tätig sein sollen, so erwartet er, dass sie ihre Politik so überprüfen, dass sie dies im Blick haben", erklärte der Sprecher des Weißen Hauses Nick Shapiro und wiederholte damit frühere Stellungnahmen.
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Am 6. Februar lehnten es Vertreter der Bundesdrogenbehörde DEA (Drug Enforcement Administration) ab, sich zu diesem Thema zu äußern. In der Vorwoche hatten Beamte der DEA Razzien in vier Cannabisverteilungsstellen in Los Angeles durchgeführt. "Ich denke, das Grundkonzept der medizinischen Verwendung von Marihuana für die gleichen Zwecke und mit dem gleichen Kontrollen wie bei anderen Medikamenten, die von Ärzten verschrieben werden, ich halte das für vollkommen angemessen", erklärte Obama Journalisten im März 2008. Bei einer anderen Gelegenheit sagte er: "Ich möchte nicht, dass das Justizministerium medizinische Marihuanakonsumenten verfolgt und Hausdurchsuchungen durchführt." Der neue Präsident wird wahrscheinlich keine offizielle Änderung der Politik vornehmen, bevor nicht ein neuer Direktor der DEA und ein neuer Drogenbeauftragter ihre Arbeit aufgenommen haben. Dennoch denken Experten, es sei bereits klar, dass die Obama-Administration die bisherige Strategie verändern werde.

Mehr unter:
- hosted.ap.org/dynamic/stories/O/OBAMA_MEDICAL_MARIJUANA?SITE=FLTAM&SECTION=HOME&TEMPLATE=news_generic.htm
- www.washingtontimes.com/news/2009/feb/05/dea-led-by-bush-continues-pot-raids/

(Quelle: Associated Press vom 7. Februar 2006)

Kanada: Der oberste Gerichtshof von British Columbia urteilt, dass das medizinische Cannabisprogramm verfassungswidrig ist

Ein Richter des obersten Gerichtshofs von British Columbia hat die kürzliche Entscheidung eines Bundesgerichts bekräftigt und erklärt, dass das nationale Cannabisprogramm verfassungswidrig ist. Richterin Marvyn Koenigsberg gab der Bundesregierung ein Jahr Zeit, um die Vorschriften zum Zugang zu medizinischem Cannabis so zu verändern, dass Produzenten oder Cannabisklubs zusammenkommen und einen gemeinsamen Cannabisanbaubetrieb betreiben können.

Zur Zeit beschränkt die Bundesregierung jeden lizenzierten Anbauer auf die Versorgung nur eines lizenzierten Verwenders und verbietet, dass mehr als drei Anbauer ihre Ressourcen zusammen nutzen. Beide Beschränkungen seien verfassungswidrig, erklärte Koenigsberg. Das Urteil erging im Fall von Mathew Beren aus Victoria, der schuldig befunden wurde, illegal Cannabis produziert und abgegeben zu haben. Die Richterin ließ ihn jedoch frei und zeigte Verständnis für sein Verhalten. Die Verteidiger von Herrn Beren argumentierten, dass er nicht verurteilt werden sollte, weil er Patienten einen benötigten Service geliefert habe, da die Cannabisvorschriften eine unvernünftige Barriere gegen den Zugang von Patienten zu ihrer benötigten Medikation errichtet hätten.

Mehr unter:
www.vancouversun.com/news/court+rules+medical+marijuana+program+unconstitutional/1245136/story.html

(Quelle: Vancouver Sun vom 2. Februar 2009)

Wissenschaft: Der Cannabiskonsum durch Jugendliche hat in den letzten Jahren abgenommen

Der Cannabiskonsum scheint bei den meisten EURopäischen und nordamerikanischen Jugendlichen zwischen 2002 und 2006 abgenommen zu haben. Dies erklärten Forscher aus der Schweiz. Emmanuel Kuntsche vom schweizerischen Institut für die Prävention von Alkohol- und Drogenproblemen in Lausanne (Schweiz) analysierten Daten von 93.297 15 Jahre alten Schülern, die an der Studie "Gesundheitsverhalten von Kindern im Schulalter" teilgenommen hatten.

Studienteilnehmer aus 31 Ländern - überwiegend in EURopa und Nordamerika - wurden 2002 und erneut 2006 unter anderem hinsichtlich ihres Cannabiskonsums und der Zahl der Abende pro Woche, die sie mit ihren Freunden verbrachten, befragt. Die Studie fand heraus, dass der Cannabiskonsum in den meisten Ländern abnahm, mit den stärksten Reduzierungen in England, Portugal, der Schweiz, Slowenien und Kanada. Anstiege wurden in Estland, Litauen, Malta und unter Mädchen in Russland beobachtet. "Je häufiger die Jugendlichen mit ihren Freunden abends ausgingen, umso wahrscheinlicher war es, dass sie angaben, Cannabis oder Marihuana zu konsumieren", erklärten die Autoren der Studie in einer Stellungnahme.

Mehr unter:
- archpedi.ama-assn.org/cgi/content/full/163/2/119
- www.upi.com/Health_News/2009/02/03/Marijuana_use_among_teens_down/UPI-25191233687552/

(Quellen: UPI vom 3. Februar 2009; Kuntsche E, Simons-Morton B, Fotiou A, ter Bogt T, Kokkevi A; Health Behavior in School-Aged Children Study. Decrease in adolescent cannabis use from 2002 to 2006 and links to evenings out with friends in 31 EURopean and north american countries and regions. Arch Pediatr Adolesc Med 2009;163(2):119-25)

Kurzmeldungen

Wissenschaft: Colitis ulzerosa
Forscher der Universität von Erlangen-Nürnberg untersuchten die Wirkungen des Endocannabinoids Anandamid auf eine experimentelle Colitis, die bei Mäusen durch eine Chemikalie induziert worden war. Anandamid reduzierte signifikant die Entzündung. (Quelle: Engel MA, et al. J Physiol Pharmacol 2008;59(4):673-89.)

Wissenschaft: Hodenkrebs
Nach einer epidemiologischen Studie durch das Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrum in Seattle (USA) mit 369 Männern, bei denen ein Hodenkrebs diagnostiziert worden war, wiesen Cannabiskonsumenten ein erhöhtes Risiko auf. Aktuelle Cannabiskonsumenten hatten im Vergleich zu Nichtkonsumenten ein um den Faktor 1,7 erhöhtes Risiko, diesen eher seltenen Krebs zu entwickeln. Ein früher Beginn des Konsums und ein häufiger Konsum führten zu einer Erhöhung des Risikos. Die Autoren stellten fest, dass weitere Studien notwendig seien, um diese Beobachtung zu bestätigen. (Quelle: Daling JR, et al. Cancer, 9. Februar 2009 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft: Gehirnstruktur
Nach einer Studie an der Universität von Göttingen (Deutschland) gab es keine Unterschiede in der Gehirnstruktur zwischen Patienten mit Psychosen, die Cannabis konsumierten, und Patienten ohne Drogenkonsum. Patienten mit Cannabiskonsum wiesen einen früheren Beginn der Psychose auf, der nicht durch Hirnveränderungen erklärt werden konnte. (Quelle: Wobrock T, et al. EUR Arch Psychiatry Clin Neurosci, 4. Februar 2009 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft: Schilddrüsenkrebs
Nach Zellexperimenten hemmte ein synthetischer Abkömmling des Endocannabinoids Anandamid das Wachstum von Zelllinien, die von Schilddrüsenkarzinomen gewonnen worden waren, indem sie einen programmierten Zelltod induzierten. Diese Wirkung war mit dem CB1-Rezeptor assoziiert. (Quelle: Cozzolino R, et al. Invest New Drugs, 3. Februar 2009 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft: Leberzirrhose
Nach Forschung an der Universität von Bologna (Italien) verzögerte der Cannabinoidrezeptorantagonist Rimonabant signifikant die Entwicklung einer Wasseransammlung im Bauchraum von Ratten mit einer Leberzirrhose. (Quelle: Croci T, et al. Gastroenterology, 14. Januar 2009 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Wissenschaft: Verletzungsrisiko
Eine Studie an der Universität von Lausanne (Schweiz) mit 486 Patienten, die wegen unterschiedlicher Verletzungen behandelt worden waren, zeigte, dass Alkoholkonsum innerhalb von 6 Stunden vor der Verletzung mit einem dreifach erhöhten Verletzungsrisiko assoziiert war (relatives Risiko: 3,0), während der Cannabiskonsum das Verletzungsrisiko reduzierte (relatives Risiko: 0,33). Allerdings war die Gruppengröße der Personen, die Cannabis konsumiert hatten, klein. (Quelle: Gmel G, et al. BMC Public Health 2009;9(1):40.)

Blick in die Vergangenheit

Vor einem Jahr

Vor zwei Jahren

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