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IACM-Informationen vom 07. März 1998

Deutschland: "Cannabinoide zur Schmerztherapie" - Ein Workshop auf dem Deutschen Schmerztag in Frankfurt -

Im Rahmen des alljährlich in Frankfurt stattfindenden Deutschen Schmerztages vom 2. bis 8. März wurde im Rahmen eines Workshops am 5. März der Einsatz von Cannabis und Cannabinoiden in der Schmerztherapie behandelt. Die Referenten waren PD Dr. med. Robert Gorter vom Institut für onkologische und immunologische Forschung in Berlin, Prof. Dr. pharm. Rudolf Brenneisen vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bern und Prof. Dr. Wolfram Keup, Leiter des Frühwarnsystems zur Erfassung des Mißbrauchs chemischer Substanzen in Deutschland. Dr. med. Andreas Ernst, niedergelassener Schmerztherapeut aus Berlin, moderierte die Veranstaltung.

Prof. Brenneisen, Dr. Gorter und Dr. Ernst sind Mitglieder des Beirates der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. Prof. Keup ist Verfechter der Einstiegsdrogentheorie und Gegner einer medizinischen Cannabis-Verwendung.

Vorgestellt wurden Konzepte zum Einsatz von Cannabis bei Schmerzzuständen unterschiedlicher Ursache aus medizinischer und pharmakologischer Sicht sowie die Problematik eines Mißbrauchs. In der anschließenden lebhaften Plenumsdiskussion der überwiegend von Ärzten besuchten Veranstaltung herrschte allgemeiner Konsens über den Wunsch nach verstärkter Erforschung des medizinischen Potentials von Cannabis, um baldmöglichst Zulassung als Medikament zu erreichen.

Holland: Marinol auch in Holland erhältlich

Marinol darf seit Anfang März 1998 auch in Holland von Ärzten verschreiben werden. Es ist ein eingetragenes Warenzeichen von Unimed Pharmaceuticals und wird vermarktet von Roxane Laboratories.

Marinol enthält synthetisches Dronabinol, gelöst in Sesamöl. Dronabinol ist der internationale Freiname für das pharmakologisch wirksame (-)-trans-Isomer des Delta-9-Tetrahydrocannabinol -- kurz Delta-9-THC oder THC --, der wichtigste psychotrope Inhaltsstoff der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.).

Marinol wird in den Niederlanden von einem Großhändler in Großbritannien importiert. Warum der Import aus Großbritannien erfolgt und nicht direkt aus den USA, wo es hergestellt wird, ist unbekannt. Demnächst soll auch Nabilon, ein synthetischer THC-Abkömmling, in Holland rezeptierfähig werden.

Anfang August hatte das niederländische Gesundheitsministerium Ärzten und Apotheken verboten, Marihuana zu verschreiben und zu verkaufen. Dennoch sind in einigen Apotheken Marihuana-Zigaretten auf Rezept oder eine Cannabis-Tinktur erhältlich.

(Quelle: dpa vom 14. August 1997, Taz vom 19. Februar 1998, El Pais vom 19. Februar 1998, persönliche Mitteilung Dave Pate)

Wissenschaft: Stimmen zur Cannabis-Studie der WHO

In einem kanadischen Zeitungsbeitrag erklärte der Soziologe Robin Room, leitender Wissenschaftler an einem Institut für Sucht und seelische Gesundheit in Toronto/Kanada, daß er und zwei Kollegen aus Kanada und Australien von einer Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgefordert worden seien, die gesundheitlichen und psychologischen Konsequenzen von Marihuana, Alkohol, Tabak und Opiaten zu vergleichen.

Robin weist den von der WHO erhobenen Vorwurf zurück, der vorgenommene Vergleich sei unzuverlässig und unwissenschaftlich. Der Vergleich sei legitim und die Öffentlichkeit könne von Wissenschaftlern Ratschläge über wichtige gesundheitliche Fragen erwarten. Die WHO hatte mit dem Hinweis, der Vergleich sei nicht zuverlässig und unwissenschaftlich, diesen Teil aus ihrer im Dezember 1997 erschienenen Studie über Cannabis herausgenommen, was zu zahlreichen Berichten in den Medien führte.

Nach Robin seien zwei Dinge in der bisherigen Diskussion untergegangen. Das erste: Marihuana schadet der Gesundheit. Das zweite: Marihuana erscheint als relativ wenig schädlich wegen der schweren und weitreichenden Gesundheitsschäden durch Alkohol und Tabak: "Unsere Sorge über illegale Drogen erscheint manchmal als angenehme Verwirrung. Aber es ist der Alkohol und der Tabak, die heute die größten Quellen des Schadens durch Drogen in Kanada sind..."

Daß Cannabis weniger gefährlich ist als beispielsweise Alkohol, der in Deutschland Jahr für Jahr 60.000 Tote fordert, bestätigte auch Dr. Werner Platz, Suchtexperte an der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik. "Es gibt (deshalb) keinen Grund, Cannabis zu kriminalisieren. Die Gesundheitsgefährdung durch einen Joint ist ungefähr so groß wie durch ein Glas Wein", erklärte er nach einem Bericht der Berliner Zeitung.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung wies Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), daraufhin, daß bereits in früheren Studien Cannnabis mit legalen Drogen verglichen worden seien: "Cannabis ist nicht giftiger als sozial akzeptierte Drogen wie Kaffe, Tee und Alkohol. Besonders im Vergleich mit Alkohol schneidet Marihuana gut ab: Es verursacht keine Leberschäden und keine Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn."

Sowohl der Hintergrundbericht als auch der WHO-Report selbst mit dem Titel "Cannabis: a health perspective and research agenda" sind auf Nachfrage erhältlich bei: Division of Mental Health and Substance Abuse, WHO, Genf (Tel. +41-22-791 47 91, Fax: +41-22-791 48 51).

(Quellen: Pressemitteilung der WHO vom 19. Februar 1998, Berliner Zeitung vom 24. Februar 1998, Globe and Mail vom 5. März 1998, Süddeutsche Zeitung vom 5. März 1998)

Großbritannien: Strafe auf Bewährung für Schmerzpatienten

Ein 31jähriger Mann, der Cannabis gegen seine unfallbedingten Schmerzen verwendete, erhielt am 6. März wegen des Besitzes von 491 Gramm Marihuana eine viermonatige Gefängnisstrafe, die für 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er erhielt zudem eine Geldstrafe.

Richter David Griffiths zeigte Sympathie für Ricky Dawson, der 1989 einen schweren Unfall erlitten hatte und seither an Kopfschmerzen und Anfällen leidet. Er war bereits dreimal wegen Drogenbesitzes verurteilt worden, bevor die Polizei bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung in New Road (Grafschaft Kent) erneut Cannabis fand.

Der Richter erkläre, daß er wegen der Schwere des Vergehens eine Gefängnisstrafe habe aussprechen müssen. Wegen der besonderen Umstände habe jedoch die Möglichkeit der Aussetzung auf Bewährung bestanden. Es sei sehr wichtig, daß Dawson nun einen Weg finde, um anders mit seinem Problem umzugehen.

Am Tag zuvor, am 5. März, hatte ein Komitee des britischen Oberhauses formal seine Pläne zur Untersuchung der Wirkungen von Cannabis dargelegt. Der Vorsitzende, Lord Perry, ein ehemaliger Professor für Pharmakologie, erwartet keine Empfehlung für eine Legalisierung. Selbst wenn die medizinische Verwendung gerechtfertigt erscheine, könne dennoch ein Verbot der rekreativen Verwendung aufrechterhalten bleiben. Neben anderen Zeugen sollen die britische medizinische Gesellschaft, das Bündnis für Cannabis-Medizin und die Multiple-Sklerose-Gesellschaft vom Komitee gehört werden.

(Quellen: PA News vom 5. und 6. März 1998, Reuters vom 6. März 1998)

UNO: EURopa muß Kontrolle von Drogen verstärken

Europa muß nach Auffassung der Internationalen Drogenkontrollbehörde die Drogenkontrolle verstärken. Der Ruf nach Legalisierung von Drogen in den Medien und in der Popmusik mache es den westeuropäischen Ländern schwer, wirksamere Maßnahmen gegen Drogenmißbrauch einzuleiten. Zu diesem Ergebnis kommt ein kürzlich veröffentlichter Report der UNO-Behörde.

Darin werden die EURopäischen Regierungen aufgerufen, sich stärker an internationale Abkommen zu halten. EURopa sei einer der größten Märkte für illegale Drogen. Die Zahl derer, die nur gelegentlich Halluzinogene und Stimulanzien nutzen, steige an, während die Zahl der Heroinabhängigen abnehme.

Als "alarmierend" sieht die UNO den Ruf nach Legalisierung von Drogen auch außerhalb der Medizin an. Kritik übt die Behörde vor allem an Medien, die sich zum Anwalt der Legalisierung machen, sowie an drogenverherrlichenden Texten von Popmusikern.

(Quelle: dpa vom 23. Februar 1998)

USA: Rechtsausschuß des Repräsentantenhauses gegen medizinische Verwendung von Cannabis

Der Unterausschuß für Kriminalität des Rechtsausschusses des Repräsentantenhauses hat Ende Februar eine gegen die medizinische Verwendung von Cannabis gerichtete Resolution verabschiedet: "Marihuana ist eine gefährliche und suchterzeugende Droge und sollte nicht für die medizinische Verwendung legalisiert werden". Alle sieben Republikaner im Ausschuß stimmten für die Erklärung, die beiden Demokraten dagegen.

Die Resolution wurde in der darauffolgenden Woche gegen die Stimmen der Demokraten auch vom Rechtsausschuß gebilligt. Ein Antrag des Abgeordneten John Conyers wurde abgelehnt. Er hatte gefordert, daß die einzelnen Bundesstaaten "die primäre Verantwortung zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit ihrer Bürger" haben und die Bundesregierung sich in dieser Frage nicht gegen die Politik eines einzelnen Staates, welche auch die medizinischen Verwendung von Marihuana einschließen könne, richten solle.

Die Republikaner lehnten auch einen Antrag des Abgeordneten Martin Meehan ab, nach der "dieses Thema ... weiterer Forschung bedarf". Jede Lockerung des Marihuana-Verbotes sei ein falsches und gefährliches Signal im Kampf gegen den Drogenmißbrauch.

(Quelle: NORML vom 26. Februar und 5. März 1998)

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