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IACM-Informationen vom 08. Mai 2004

Wissenschaft: Entkriminalisierung verstärkt nicht den Cannabiskonsum

Wissenschaftler der Universität von Kalifornien und der Universität von Amsterdam untersuchten die Wirkung der Strafgesetze auf den Cannabiskonsum und schlossen, dass "die Drogenpolitik eine geringere Bedeutung für den Cannabiskonsum hat als gegenwärtig angenommen wird." Ihre Forschung wurde in der Mai-Ausgabe des American Journal of Public Health veröffentlicht.

Die Wissenschaftler verglichen Gruppen von erfahrenen Cannabiskonsumenten in vergleichbaren Städten mit gegensätzlicher Cannabispolitik – Amsterdam, Niederlande (Entkriminalisierung), und San Francisco, USA (Kriminalisierung). Außer einem stärkeren Drogenkonsum in San Francisco fanden die Untersucher starke Gemeinsamkeiten zwischen den Konsumenten beider Städte. Es gab "keinen Hinweis für die Unterstützung der Behauptung, dass Kriminalisierung den Konsum reduziert oder dass Entkriminalisierung den Konsum verstärkt."

"Trotz der weit verbreiteten gesetzlich legitimierten Verfügbarkeit von Cannabis in Amsterdam, gab es keine Unterschiede zwischen der beiden Städten insichtlich des Alters beim Beginn des Konsum, des Alters beim ersten gewohnheitsmäßigen Konsum oder des Alters beim Beginn des maximalen Konsums. (…) Wir fanden zudem konsistente Ähnlichkeiten bei den Konsummustern zwischen den verschieden Politikzusammenhängen," heißt es in der Studie.

(Quelle: Reinarman C, Cohen PD, Kaal HL. The limited relevance of drug policy: cannabis in Amsterdam and in San Francisco. Am J Public Health 2004;94(5):836-42)

Wissenschaft: Täglicher Cannabiskonsum kann bei Personen mit chronischer Hepatitis C die Entwicklung einer Leberfibrose fördern

Französische Wissenschaftler untersuchten bei 195 Patienten die Bedeutung des Cannabiskonsums auf die Entwicklung einer Fibrose bei chronischer Hepatitis C. In einer multivariaten Analyse war eine hohe Progressionsrate zur Fibrose unabhängig verbunden mit täglichem Cannabiskonsum, Alkoholkonsum von mehr als 30 Gramm pro Tag, Alter bei der Kontamination mit dem Virus über 25 Jahre und körperlicher Aktivität. Ein moderater Cannabiskonsum hatte dagegen keine Wirkung auf die Entwicklung einer Fibrose.

Ihre Forschung wurde im April bei einer Konferenz in Berlin, Deutschland, vorgestellt. 51 Prozent der Teilnehmer waren Nichtkonsumenten von Cannabis, 17 Prozent waren gelegentliche Konsumenten (Durchschnitt: 7 Cannabiszigaretten pro Monat) und 32 Prozent waren tägliche Konsumenten (Durchschnitt: 107 Zigaretten pro Monat).


Die Wirkung von Cannabis variierte zwischen den Subgruppen. Wenn die Personen jünger als 40 Jahre alt waren und der Alkoholkonsum unter 30 Gramm pro Tag lag, hatten 20 Prozent der Nicht- und gelegentlichen Konsumenten, jedoch 37 Prozent der täglichen Konsumenten eine Fibrose. Wenn die Personen älter als 40 Jahre alt waren und der Alkoholkonsum unter 30 Gramm pro Tag lag, hatten 35 Prozent der Nicht- und gelegentlichen Konsumenten, jedoch 71 Prozent der täglichen Konsumenten eine Fibrose. Wenn die Personen jünger als 40 Jahre waren und der Alkoholkonsum über 30 Gramm pro Tag lag, hatten 38 Prozent der Nicht- und gelegentlichen Konsumenten, jedoch 50 Prozent der täglichen Konsumenten eine Fibrose. Wenn die Personen älter als 40 Jahre waren und der Alkoholkonsum über 30 Gramm pro Tag lag, hatten 76 Prozent der Nicht- und gelegentlichen Konsumenten, jedoch 51 Prozent der täglichen Konsumenten eine Fibrose. Die Verteilung in der letzten Gruppe ist etwas überraschend.

In tierexperimenteller Forschung hatte die Gruppe gezeigt, dass die Entstehung der Leberzirrhose durch Cannabinoidrezeptoren reguliert werden könnte, und dass die CB1-Rezeptoren bei zirrhotischen Patienten in bestimmten Leberzellen deutlich vermehrt sind. Mäuse ohne CB1-Rezeptoren reagierten nach chronischer Tetrachloridvergiftung im Vergleich mit normalen Mäusen mit einer verminderten Entwicklung von Leberzirrhosen.

Es wird empfohlen, dass Menschen mit chronischer Hepatitis C nicht täglich Cannabis konsumieren, während ein mäßiger Konsum unproblematisch zu sein scheint. Diese erste Studie muss mit einer größeren Gruppe von Patienten wiederholt werden, bevor es möglich ist, endgültige Empfehlungen auszusprechen.

(Quellen: Hezode C, et al. Daily cannabis smoking as a risk factor for fibrosis progression in chronic hepatitis C. Abstract 68. 39. jährliche Konferenz der EURopean Association for the Study of the Liver, 14. – 18. April 2004. Berlin; Grenard P, et al. Reduced liver fibrosis in CB1 receptor knockout mice. Abstract. J Hepatology 2004; 40(S1): 8.)

Kurzmeldungen

Großbritannien: GW Pharmaceuticals
GW Pharmaceuticals hat gewarnt, dass regulatorische Bedenken die Markteinführung ihres medizinischen Cannabisextraktes zum zweiten Mal verzögern werden. Die Behörden haben weitere Informationen zur Herstellung des Medikamentes und zur Sicherheit und Wirksamkeit bei der Behandlung der multiplen Sklerose und Schmerzen durch Nervenschäden verlangt. Die Arzneimittelzulassungsbehörde hat seit mehr als einem Jahr ein Dossier mit wissenschaftlichen Informationen zu dem Cannabisextrakt, inklusive den Ergebnissen mehrerer Studien mit Menschen, vorliegen, hat jedoch wiederholt ihre Unzufriedenheit mit den Daten ausgedrückt. (Quelle: Independent vom 1. Mai 2004)

USA: Häufigkeit von Cannabiskonsum
In der erwachsenen US-Bevölkerung blieb der Anteil der Cannabiskonsumenten zwischen 1991 und 2002 stabil bei etwa 4 Prozent. Cannabismissbrauch und –abhängigkeit nahm leicht von 1,2 auf 1,5 Prozent zu. Er war stabil unter jungen weißen Männern und Frauen, nahm jedoch bei schwarzen Männern und Frauen sowie spanischstämmigen Männern zu. (Quelle: Compton WM, et al. JAMA 2004;291(17):2114-21)

Wissenschaft: Multiple Sklerose
In einem Mäusemodell der multiplen Sklerose (experimentelle Autoimmunenzephalomyelitis, EAE) verringerte ein synthetisches Cannabinoid die Wechselwirkung zwischen weißen Blutzellen mit dem Endothel im Gehirn, die zur Entzündung führt. Die Cannabinoidwirkung wurde durch Antagonisten des CB1- und CB2-Rezeptors blockiert. (Quelle: Ni X, et al. Mult Scler 2004;10(2):158-64.)

Wissenschaft: Schlaf
Acht Freiwillige erhielten abends um 22 Uhr nacheinander vier Behandlungen: Placebo, 15 mg THC, 5 mg THC kombiniert mit 5 mg Cannabidiol (CBD) sowie 15 mg THC kombiniert mit 15 mg CBD. Fünfzehn Milligramm THC schien die Schläfrigkeit zu verstärken, während 15 mg CBD leichte wach machende Eigenschaften zu haben scheint. (Quelle: Nicholson AN et al., J Clin Psychopharmacol 2004;24(3):305-313.)

Wissenschaft: Autofahren
Forscher schätzten die Beziehung zwischen Drogenkonsum und Autounfällen, indem sie zwischen Mai 2000 und August 2001 eine prospektive Fall-Kontroll-Studie in Holland durchführten. Die 110 Fälle waren Fahrer, die an Verkehrunfällen beteiligt waren und ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Kontrollen waren 816 Fahrer, die zufällig rekrutiert wurden, als sie auf öffentlichen Straßen fuhren. Das Risiko für Verletzungen durch Unfälle war durch die Verwendung von Benzodiazepinen um das 5-fache erhöht. Das Risiko für Alkohol war für Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,5 – 0,8 Promille um das 5,5-fache und für eine BAK über 0,8 Promille um das 15,5-fache erhöht. Erhöhte Risiken wurden auch für Fahrer, die Amphetamine, Kokain oder Opiate verwendeten, gefunden. Kein erhöhtes Risiko wurde für Fahrer, die Cannabis konsumiert hatten gefunden. (Quelle: Movig KL, et al. Accid Anal Prev 2004;36(4):631-6.)

Holland: Diskussion zum rechtlichen Status
Die Regierung beabsichtigt den legalen Verkauf von Cannabis mit hohem THC-Gehalt in Coffee-Shops zu verbieten. Die Minister wollen eine Untersuchung initiieren, ob die Gefahren der Droge wegen seiner erhöhten THC-Konzentrationen zugenommen haben. Die holländischen Städte lehnen den Plan ab und einige rufen zur Legalisierung nicht nur des Verkaufs, sondern auch des Anbaus der Pflanze auf. Die Städte fürchten, dass die Kriminalisierung das Problem wegen der Zunahme des illegalen Verkaufs auf den Straßen vergrößern könnte. (Quellen: VNG vom 26. April 2004, Utrechts Nieuwsblatt vom 16. April 2004)

Blick in die Vergangenheit

Vor einem Jahr

Vor zwei Jahren

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Die 12. IACM-Konferenz zu Cannabinoiden in der Medizin wird am 20. und 21. Oktober 2022 zusammen mit der Schweizerischen SSCM in Basel/Schweiz stattfinden.

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